Cebu, die „Queen City of the South“, war schon länger auf meiner Liste von Orten, die ich besuchen möchte. Einerseits weil ich eine unbegründete Schwäche habe für zweitgrösste Städte in Ländern (siehe Chiang Mai), und andererseits weil Cebu als Food-Hauptstadt der Philippinen gilt.



Cebu ist ausserdem historisch wichtig. Sie ist nicht nur die älteste Kolonial-Stadt des Landes, gegründet in den 1550er von den Spaniern. Sie nimmt auch einen interessanten Platz ein in der Geschichte der allerersten Weltumseglung, die 30 Jahre früher stattfand. Der Spanoggel Ferdinand Magellan und seine Crew von hartgesottenen Matrosen wurde damals von der spanischen Krone beauftragt, einen kürzeren Weg zu den Spice Islands zu finden. Das Leben der dicken Kolonialisten war nämlich kaum auszuhalten ohne eine konstante und speditive Einfuhr von Muskatnuss und Nelken. Das gute Zeug war leider nur auf ein paar kleinen Inseln im heutigen Indonesien zu finden, eben den Spice Islands. Die bisherige Route rund um Afrika und quer durch den indischen Ozean, zuverlässig begleitet von Skorbut, Meutereien und Wahnsinn, war, gelinde gesagt, unbequem. Aber keine Nelken zu haben war auch keine Lösung. Daher wurde der besagte Magellan losgeschickt, um mal in die andere Richtung zu segeln. Mann wusste, dass im Westen eine grössere Landmasse lungerte, aber man wusste nicht, was direkt dahinter lag. Vielleicht die Spice Islands!?


Stellt sich heraus: nein. Nach einer zermürbenden monatelangen Reise über den Atlantik und südlich der brasilianischen und dann argentinischen Küste entlang, hatte Magellan endlich die südlichste Spitze der Landmasse erreicht. Und so sahen er und seine kleine Crew zum ersten Mal, was hinter dem amerikanischen Kontinent lag. (Einige Boote seiner Flotte waren zu dem Zeipunkt bereits heimlich nach Spanien zurückgekehrt, da sie die Schnautze voll hatten von der eher unpraktischen Reise). Ich denke es ist kein Spoiler zu sagen, dass hinter dem heutigen Chile nicht das südchinesische Meer und damit Magellans Ziel der Spice Islands wartete, sondern eine Wassermasse, die knapp die Hälfte des Planeten besetzt: der Pazifik.


Ausblick auf improvisierte Häuser, von meinem improvisierten Airbnb aus


Das dämmerte auch dem Magellan irgendwann. Es ist fair zu sagen, dass die ganze Chose eine Enttäuschung war. Der irre Captain führte seine Reise aber fort und segelte mehrere Monate weiter durch die unmenschlichsten Stürme und Wellen, die man auf unserem Planeten finden kann. Und irgendwann - und ich komme langsam zum Punkt meines Gefasels - erreichte er wieder Land. Welches Land? Die Philippinen, genauer: Cebu. Das heisst, er war extrem nahe dran, sein ursprüngliches Ziel der Spice Islands zu erreichen. Doch dann passierte etwas, das niemand hatte sehen kommen. Er verlor komplett den Verstand und beschloss - eine Haaresbreite von seinem Ziel entfernt - dass er gerne die Insel Cebu besitzen würde. Das passte den lokalen Stämmen gar nicht und sie metzelten den Spanier kurz darauf nieder. Der siegesreiche cebuanische Heeresführer Lapu Lapu ist bis heute ein filipinischer Volksheld, und nach ihm benannt sind unter anderem eine hässliche Stadt und ein bekömmlicher Fisch. 


Magellan selbst wird in den Philippinen allerdings auch geschätzt, da er das Wort Jesu auf die Insel brachte und damit den bis heute tief sitzenden Katholizismus der Filipinos begründete. Komplizierte Geschichte. 


Ein Teil der Crew hat nach Magellans Tod übrigens die Reise fortgesetzt und effektiv die Spice Islands erreicht und dann sogar den Weg zurück nach Sevilla geschafft. Die eigentliche Mission aber, einen kürzen Weg zu den Spice Island zu finden, war kläglich gescheitert. Die Nelken- und Muskatnuss-liebendende spanische Aristokratie war nicht happy. Sie musste dann aber doch eingestehen, dass die erste Weltumseglung durchaus eine Errungenschaft war.


Leider gibt es viele Menschen ohne Zuhause


Der Blogpost ist schon wieder viel zu lang. Aber mir gefällt die Magellan-Geschichte sehr. Bemerkenswert, was alles so passiert ist wegen zwei knorrigen Gewürzen, die bei uns heute grösstenteils vertrocknet im Gewürzregal rumstehen. 


Man könnte meinen, aufgrund der Kolonialgeschichte gäbe es in Cebu eine hübsche Altstadt. Schliesslich liegt die älteste nationale Strasse der Philippinen in Cebu, und sie trägt den vielversprechenden spanischen Namen Colón Street. Diese Strasse und das umliegende „Old Town“ ist jedoch leider absolut nicht herzig. Ein einziges trauriges Schlamassel von russschwarzen Fassaden, Ratten und Obdachlosen, wo zu lautem Techno billiger Elektroschrott und zuckrige Getränke verkauft werden.


Früher war diese Gegend offenbar beschaulich. Aber die Einkaufszentrisierung des Landes - wohl ein spätes ideologisches Geschenk der amerikanischen Besetzung - saugte die Shoppers nach und nach aus der Innenstadt ab und spülte sie in die Malls in der Peripherie. Um diese Malls herum haben sich seither lebhafte „IT“ und „Business“ Parks gebildet. Dort arbeiten hunderte, wenn nicht tausende Filipinos im Customer Support für Amazon, Allianz und Alstom. Und da sie primär während den amerikanischen und europäischen Bürozeiten arbeiten, sind die Business Parks rund um die Uhr belebt. Es gibt Restaurants, Bars, Karaoke und Street Food Märkte. Es ist eine gute Stimmung. Ich empfehle allen Touristen, in solchen Geschäftsviertel zu hausen, sollten sie eine grössere filipinische Stadt besuchen.


Cebu IT-Park


In und rundherum des IT Parks in Cebu habe ich ein paar verrückte Sachen gegessen. Zum einen Balut. Ich wusste davon schon länger und eigentlich wollte ich es bei meiner letzten Reise in den Philippinen essen. Aber ich bekam Angst und liess es blieben. Seither bereitete ich mich ein Jahr lang mental darauf vor und schaffte es jetzt endlich. Was ist Balut? Ein befruchtetes Entenei. Also ein Ei, das einen unausgebrüteten Entenembryo enthält. Und das Ding isst man komplett, idealerweise in einem Biss (daher kommt der Name des Gerichts). Es gibt verschiedene Versionen von Balut, je nachdem wie weit fortgeschritten das Ausbrüten ist. Es dauert 28 Tage von der Befruchtung des Eis bis das Entenbaby (das in dem Fall Glück hatte) schlüpft. Essen tut man das Ding entweder nach 16, 18 oder 21 Tagen, und es wird immer wilder, je älter der Embryo. Ich wählte die goldene Mitte, wo der Fötus neben dem Eigelb und -weiss deutlich zu erkennen war, jedoch noch keine spürbaren Knochen oder Federn hatte. Voilá. Wie schmeckte es? Gut. Es schmeckte so, als müssten es die Franzosen lieben. Nach gekochter Ente und Ei. Der Anblick? Nicht so geil. Etwas anderes, das auch nicht geil aussah, aber gut schmeckte: Tuslob Buwa. Eine Art Sauce für festgekochten Reis, die aus Schweinehirn und -leber besteht. Diese Sauce rührt man selber zusammen direkt am Tisch, was Spass macht. 


Nach diesen extremen Gerichten entwickelte ich eine mittelschwere Obsession mit der Abaca Baking Company, die hervorragende Gipfeli, Bagels und anderes Gebäck machte. Ich ging da 4 Mal hin in drei Tagen. Wohl ein Signal meines Körpers, dass ich doch gefälligst wieder mal ein Gipfeli oder Sauerteigbrot esse. Ich kanns ihm nicht verübeln.


Hier die Fotos aus Cebu.